Performance
 

Die große Säuberung, hinter großen Männern....

Berlin 1989 + Paris 1990

Kurt Buchwald / Joerg Waehner

 
Am Ende des Jahres 1989 inszenieren Kurt Buchwald und Joerg Waehner die Performance Die große Säuberung / hinter großen Männern ... in der Galerie Weißer Elefant in Ostberlin. An zentraler Stelle steht die Frage, was Macht aus Menschen macht. Dazu wird eine Aktion mit Devotionalien der Propaganda (rote Fahnen, Transparente, Spielzeugpanzer) zusammengestellt, an deren Ende eine Installation als Schlussbild verbleibt. Im Hintergrund klingt Marschmusik wie zum 1. Mai, aus Lenins Schrift Wie soll man den Wettbewerb organisieren? wird vorgelesen. Im Mittelpunkt steht das Waschen von Stalinbildern bis sie sich auflösen. Der Sud wird mit Kartoffelbrei vermischt und in Einweckgläser gefüllt. Knapp einen Monat später wird die Performance, diesmal unter dem Titel Stalingraben, noch einmal während der Ausstellung L'Autre Allemagne hors les murs (La Villette, Paris, 1990) aufgeführt.
 
Berlin + Paris
 
Die große Säuberung, hinter großen Männern..., Berlin am 11. Nov. 1989
im Französischen Dom, Berlin
 
Joerg Waehner; Installation Hinter großen Männern... , Berlin, den 21. Dez. 1989, Galerie Weißer Elefant
Was folgt aus dem Volk, das gleich um die Ecke schwenkt, wie einst im Marschblock des 1.Mai ?
 
21.Nov. 1989, Galerie Weißer Elefant, Text: Joerg Waehner
 
Stalin's Urin heute flockig! Einladung, Joeerg Waehner
 
Kartoffelbrei und Stalinsoße
 
Schlussbild der Performance, La Villette, Paris 1990
Stalingraben, Paris
 
Performance Stalingraben, La Villette, Paris 1990
 
Performance Stalingraben, La Villette, Paris 1990
 
Video
Iron Curtain, Installation Kurt Buchwald, Hammond Galery & Galerie Eva Poll, Lancaster/ Ohio, USA 1991
   
 

Im Februar 1990 habe ich mit Joerg Waehner die Performance Stalingraben in den Pariser Ausstellungshallen von La Villette aufgeführt. Der französischen Präsident hatte 200 DDR-Künstler eingeladen. Begonnen haben wir im Dezember 1989 in der Berliner Galerie Weißer Elefant mit der Performance: Die große Säuberung, hinter großen Männern! Stalinbilder wurden gewaschen und in Einweckgläser gefüllt. Als Statement war zu lesen: "Was folgt aus dem Volk, das gleich um die Ecke schwenkt, wie einst im Marschblock des 1.Mai ?"
Ich beschloss der Frage nachzugehen und vor den 1. freien Wahlen im März 1990 eine neues Projekt aufzulegen. Als Ausgangspunkt nahm ich den Wahlslogan: Zurück in die Zukunft. Als Figur entwarf ich Wotan in Stasi-Stiefelhose. Ausgeschnitten wird aus der DDR-Fahne das Emblem. Das Deutschlandlied wird rückwärts gespielt. Mit Hörner und Herzschrittmacher heult der Recke zu Wagnermusik und zerschlägt mit einen Vorschlaghammer die Einrichtung der Galerie, ein Haufen Stühle. Schlussbild: Wotan markiert das Revier, das Brandenburger Tor wird übermalt und angepisst.
Hans-Joachim Maas hat in seinem Buch DER GEFÜHLSSTAU die Situation beschrieben. Mit der friedlichen Revolution wollte sich der Stau entladen, aber dann hat es nur eine Übernahme, die Wende gegeben. Eine verhängnisvolle Hypothek. Ein Kollege sagte mir ein Jahr später, als massenhaft die Betriebe zusammenbrachen: "Ja, wirklich - sie haben alles zusammengeschlagen". Der überschwänglichen Begeisterung folgte die Ernüchterung. Heute stelle ich fest, den selbst erklärten Sieger der Geschichte holte die Geschichte ein. Das passiert immer wieder: Wir glauben zu wissen wo wir sind, doch dann geht es ganz woanders hin.

Kurt Buchwald Berlin, den 7.7.19

 
   
Abschied von Hammer/Sichel+Ährenkranz
 
Kurz vor der ersten freien Volkskammerwahl 1990 inszeniert Buchwald am 16. März die Deutschland-Performance, heute bekannt als Abschied von Hammer/Sichel+Ährenkranz. Buchwald schneidet das Emblem aus der DDR-Fahne heraus, während Vogt auf einer Tuba das Deutschlandlied rückwärts spielt. Als Wotan verkleidet, zerschlägt Buchwald Stühle in der Galerie Weißer Elefant. Einen Monat später taucht die Wotanfigur nochmals in einer Performance auf. Diesmal verbrennt er Bilder in der Akademie der Künste am Pariser Platz.
 
 
Deutschland-Performance Galerie Weißer Elefant, 1990
 
Video-still Deutschland-Performance
Video
 
Wotan in Finnland, 1991
 
3. Oktor , 1991
 
Heute gehört uns Deutschland, morgern die ganze Welt
 
Am 10.Mai 1991 folgt die Performance Heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt im Kulturprojekt Die Zunge im Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg. Buchwald erscheint in der Galerie im geliehenen Anzug aus dem Kaufhaus des Westens (KDW) als Geschäftsmann, im Arm eine Frau in Strapsen. An der Wand Bananentapete, ein Standbild Frau+Businessman und das übergroße Signet der Bildzeitung. Im improvisieren Sexshop feiert Buchwald das Auspeitschen der Stasispione unter dem Motto "Mitmachen und Gewinnen!", bietet 30.000 DM Gewinn, es fallen Schüsse auf einen Pappkameraden.
 
 
 
Text:Joeerg Waehner (Ausschnitt)
 
Kulturprojekt Die Zunge, Berlin 1991
Das Auspeitschen der Stasi-Spione
 
 
Standbild, Frau + Businessman, Berlin 1991
 
Performance 1989-1993
 
Die große Säuberung, hinter großen Männern, Berlin 1989, mit Jörg Wähner
Deutschland-Aktion 1990
Fall of the wall, Lancaster/ Ohio, 1991
Genosse kommt gleich... Köln 1993
Backe, backe Kuchen, das Vaterland hat gerufen, Martstall, Akademie der Künste, Berln 1993

Wotan verbrennt die Bilder, Akademie der Künste, Berlin 1991

Heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt, Berlin 1991

In Aktion, Berlin 1989

Videos auf youtu.be
Die große Säuberung... Berlin 1989
Stalingraben, La Villette, Paris 1990
Abschied von Hammer/Sichel+Ährenkranz, Berlin 1990
Die Röhrenpartei der Röhrenmenschen, Berlin 2005
SICHTABSICHT Ausstellungseröffnung, Photo Edition Berln 2014
 
weitere Links
 
http://oe-ae.de/Joerg_Waehner.html
http://www.wahrnehmung.de Kurt Buchwald
 
Das Amt für Wahrnehmungsstörung
 
Jörg Waehner + Kurt Buchwald - POLAROID INFUSIONEN - PHOTO EDITION BERLIN 2016
Video/ Performance
 
Wende und Umbruch in der ostdeutschen Kunst
Museum der bildenden Kunst, Leipzig 2019
 
Flugblatt 2019
 
Flugblattaktion im Treppenflur am 22.07.19
 
Joerg + Kurt a
Von Stalin zu Wotan, vom SED-Parteilehrjahr zum auspeitschen der Stasi-Spione im improvisierten Sexshop. Es war eine atemberaubende Entwicklung, ein Kulturschock, eine aufregende, wundervolle Zeit. Mit Installationen, Performances und Texten haben Joerg und Kurt den Umbruch reflektiert und die Geschichte neu erzählt.
In der Ausstellung Point of No Return sind ihre Projekte von 1989-91 nicht zu sehen aber der QR-Code auf dem T-Shirt macht es möglich mit dem Smartphone sofort ihre Performences anzusehen.

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